Spontantrennung?

Geschrieben von Berthold Glauer-Voß | Veröffentlicht in Schlei.Journal | am

Mein Mann und ich sind schockiert. Unsere benachbarten Freunde haben sich für uns total überraschend und plötzlich getrennt. Dabei hat alles von außen so normal gewirkt: Glückliche Familie, gesunde Kinder, ein Haus im Grünen, finanzieller Wohlstand. Und jetzt haben sie sich auseinandergelebt? Da stimmt doch was nicht? Wobei, vor einiger Zeit gab es das Gerücht im Dorf, dass sie mit einem anderen...

Sie haben recht: Da „stimmte“ wohl schon lange was nicht. Denn eine spontane, plötzliche Trennung gibt es beim genaueren Hinschauen eigentlich nicht. Es ist eher davon auszugehen, dass ein vermutlich mehrjähriger Entwicklungsprozess jetzt abgeschlossen ist und der Leidensdruck bei den Partnern, oder zumindest bei einem Partner, zuletzt sehr hoch gewesen sein muss. Somit wird es auch Gründe für eine Trennung bei Ihrem benachbarten Paar gegeben haben. Vollkommen egal, ob der Dorfklatsch blüht und gedeiht und den Tatsachen Stand halten kann: Vielleicht gab es ja zum Beispiel tatsächlich eine unbefriedigende Sexualität und dadurch eine dauerhafte, jahrelange Zurückweisung durch den Partner, die als tiefe Kränkung empfunden wurde. Wenn es dann noch zur Untreue kommt, haben sich in den meisten Fällen aber auch schon andere Probleme in der Partnerschaft verfestigt, denn Seitensprünge und Außenbeziehungen sind nur das Resultat eines längeren Prozesses. Manche Partner entwickeln sich im Verlauf Ihrer Beziehung sehr unterschiedlich: Gemeinsamkeiten und gleiche Interessen werden immer weniger. Darunter kann die Kommunikation leiden. Auch häufiger Streit, Unzuverlässigkeit, beruflicher Druck, Zeitmangel, finanzielle Probleme, schwindende Akzeptanz bei den Gewohnheiten des Partners sind Belastungsfaktoren für eine Beziehung. Wenn sich Probleme zuspitzen, dass Paar oder die Partner sie aber lieber ignorieren und sich dann die Konflikte richtig schön verfestigen, weil man eben nicht damit umgegangen oder auf den Partner eingegangen ist, dann schwindet auch die gegenseitige Wertschätzung, und der andere wird einem gleichgültig. Die Basis für eine intakte Liebesbeziehung ist dann leider nicht mehr vorhanden. Dabei können Krisen die gegenseitige Liebe voranbringen – wenn man sie denn als Chance begreift uns sich aktiv mit ihnen auseinandersetzt.