Darüber spricht man nicht

Geschrieben von Berthold Glauer-Voß | Veröffentlicht in Schlei.Journal | am

Meine Partnerin ist intelligent, liebevoll, aufmerksam, sensibel und hat eine offene Ausstrahlung. Das schätze und liebe ich. Trotzdem spricht sie schwierige Themen, Probleme und Ängste nicht direkt an. Egal, ob es um ihre oder um unsere gemeinsamen Themen und Konflikte geht. Das macht konstruktive Auseinandersetzungen als Paar schwierig. Konfrontiere ich sie damit, dass sie mit mir nicht über Gefühle und Anliegen spricht, entschuldigt sie sich damit, dass sie es als Kind nicht gelernt hat, sich entsprechend mitzuteilen. Kann das sein?

Ja, das kann sein: „Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr!“ stimmt zwar nicht, aber was im Kindes- und Jugendalter nicht gelernt wurde, kann später nur mit erhöhten Bemühungen nachgeholt werden. Erfahrungen aus der Kindheit prägen. All das, was man als Kind überwiegend erlebt und vorgelebt bekommen hat. Zum Beispiel, das Kommunikationsverhalten der eigenen Eltern oder (unausgesprochene) Familienregeln wie: „Rede nicht über Sorgen, Nöte, Bedürfnisse, Wünsche“ usw. Manchmal werden auch Regeln und Botschaften übermittelt und gelernt wie „Traue und/oder Fühle nicht.“ Aus solchen Familienregeln entstehen persönliche Lektionen, die verinnerlicht werden, auf denen sich das eigene (Kommunikations-)Verhalten aufbaut und die im späteren Leben zu Schwierigkeiten führen können. Zum Beispiel in der Partnerschaft. Es ist gut, wenn man diese meist unausgesprochenen erlernten Regeln, die unbewusst zum eigenen Lebensmotto geworden sind und in der Paarbeziehung stören, weil sie in bestimmten Bereichen eine gelungene Kommunikation verhindern, bereits für sich persönlich entschlüsseln konnte. Dies ist eine eigene wichtige Erkenntnis, um seinen Partner zu erklären, warum man Schwierigkeiten hat, zum Beispiel etwas in vermeintlich brenzligen Situationen zu kommunizieren. So kann es dem Partner leichter fallen, Verständnis aufzubringen. Ebenso muss der Betroffene für sich selbst entscheiden, ob und wie er mit seinen biografischen Erfahrungen umgehen möchte, die jetzt seine Paarbeziehung teilweise erschweren. Kann er sich immer mehr davon innerlich distanzieren, entsprechend reflektieren und sich beim nächsten Mal etwas gewinnbringender für die Partnerschaft verhalten? Worin kann der/die Partner/in helfen? Oder organisiert man für sich persönlich oder gemeinsam Hilfe und Unterstützung?