Patchwork

Geschrieben von Berthold Glauer-Voß | Veröffentlicht in Schlei.Journal | am

Wir sind alle zusammengezogen. Mein Freund mit seinen und ich mit meinen Kindern. Anfänglich dachten wir, wir bekommen nach unseren gescheiterten Beziehungen eine zweite Chance für ein neues glückliches Familienleben. Aber: Die Kinder streiten sich untereinander, ich werde von seinen Kindern nicht ernst genommen, es gibt Eifersuchtsgefühle und wir haben keine Energie mehr für unsere Liebe, da wir nur noch zwischen den Kindern vermitteln und uns gegenseitig vorwerfen, wer was falsch gemacht hat…

Die Ausgangsvoraussetzungen für Patchworkfamilien ist keine einfache: Die Kinder und das neue Liebespaar kommen aus zwei unterschiedlichen Familiensystemen mit jeweils anderen Familien- und Erziehungsgewohnheiten, Regeln, Werten und Vorerfahrungen. Oft wird auch die Geschwisterreihenfolge durcheinander gewürfelt. Die Kinder trauern meist auch weiterhin über die Trennung Ihrer Eltern, wünschen sich keine „zweite“ Mutter oder „zweiten“ Vater und möchten ihren Vater oder ihre Mutter vielleicht nur für sich haben.

Aber es gibt sie: glückliche Patchworkfamilien. Damit sich nicht ständig der eine oder andere enttäuscht, verletzt oder zurückgestoßen fühlt, sollte ein Paar, das diese neue Situation ja auch bewusst herbeigeführt hat, tatsächlich auch die Rolle des Patch-„Workers“ einnehmen. Das bedeutet, zunächst seine eigenen Ideale vom Traumbild Familie und die Ansprüche an den neuen Partner und die Liebesbeziehung zu relativieren; sonst besteht die Gefahr, schnell „auszubrennen“.

Veränderungen dürfen für keinen zu schnell herbei- und eingeführt werden. Verharmlosen Sie im Vorwege nicht die Unterschiede zwischen Ihren bisherigen Lebensführungen. Sprechen Sie darüber ausführlich, damit es nach einer Phase der gegenseitigen Anpassung nicht zum Kampf um Gewohnheitsreche kommt. Gönnen Sie sich regelmäßig kinderfreie Wochenenden und gönnen Sie sich und ihren eigenen Kindern auch Zeiten, in denen Sie nur etwas mit ihnen alleine unternehmen. Weichen Sie von diesen Terminen nie ab. Suchen und entwickeln Sie Rituale, die für alle Patchwork-Mitglieder wirklich neu sind.

Und nicht zuletzt: Nehmen Sie Unterschiede wahr und lassen sie diese auch zu – Sie müssen die Kinder Ihres Partners nicht genau so lieben wie ihre eigenen. Im Schnitt dauert es fünf Jahre, bis sich das neue Familiensystem gefunden hat. Sie brauchen also Geduld, Durchhaltevermögen und Optimismus.