Zu schön um wahr zu sein

Geschrieben von Berthold Glauer-Voß | Veröffentlicht in Schlei.Journal | am

Vom Winde verweht, Casablanca, Notting Hill, Jenseits von Afrika, Brokeback Mountain, Schlaflos in Seattle, Dirty Dancing, Die Hochzeit meines besten Freundes, Titanic ...

Sie sind kitschig und drücken auf die Tränendrüse. Sie sind romantisch, oft dramatisch und sorgen für pures Gänsehautfeeling. Sie begegnen uns auch als Komödien oder auch als bewegend aufwendig inszeniertes Actiondrama. Die Protagonisten sind charmant, verdammt gutaussehend und haben perfekten Sex. Und dem Zuschauer ist schon nach den ersten Minuten klar, wer für wen bestimmt ist. Liebesfi lme sind überaus populär, denn sie lösen positive Emotionen aus. Sie enden häufig mit einem Happy End und präsentieren das Leben von einer Seite, die selten der Realität entspricht. Macht nichts. Ist ja Unterhaltung. Ist ja nur ein Film!

Diskrepanz zum eigenen Leben

Allerdings haben schottische Wissenschaftler nachgewiesen, dass der unreflektierte Konsum von bewegten Hollywood-Liebesbildern auch eine Gefahr darstellen kann. Obwohl die Drehbücher nichts mit einer realen Zweierbeziehung gemeinsam haben, besteht das Risiko, dass die künstlichen Leinwandgeschichten als Maßstab für das eigene Alltags-Liebes(er)leben herangezogen werden. Enttäuschungen sind dann die logische Konsequenz. Denn anders als im Film existieren Liebe und Vertrauen nicht vom ersten Moment der Begegnung. Auch nicht, wenn wir das wohlige Gefühl haben, den anderen schon lange zu kennen, wenn er auch eben erst in unser Leben getreten ist. In der Realität dauert es Jahre, bis sich eine Beziehung so weit entwickelt hat. Anders als im Film gibt es keine makellose und krisenfreie Partnerschaft. Anders als im Film kann mein Partner auch nicht automatisch wissen, wie es mir geht und was ich mir wünsche. Und anders als im Film gehört auch das Erleben von stets erfüllender Sexualität leider nicht zur Tagesordnung. Rezepte gibt es nicht Rezepte, wie eine Beziehung schnell beendet werden kann, gibt es: Kritik am Charakter, ständige Rechtfertigung, Mauern, Geringschätzung und so weiter! Ein Rezept für eine Liebe à la Hollywood gibt es dagegen nicht – und kann es auch nicht geben. Denn viel zu viele Faktoren machen eine glückliche Beziehung aus. Zum Beispiel die jeweiligen persönlichen Bindungserfahrungen und die Fähigkeit, mich in meinen Partner hineinzuversetzen. Gerade wenn mir Letzteres nicht gelingt, werde ich immer wieder in Paarbeziehungen an Grenzen kommen und wiederholt Trennungen erleben. Spätestens dann sollte ich mir Unterstützung holen.

Kommunikation ist alles?!

Ja und nein. Viele empfinden Beziehungsgespräche als Qual. Und manchmal kann es auch ungemein helfen, als Partner den Mund zu halten und nicht impulsgesteuert über alles – vor allem Unwichtiges – zu streiten. Aber eine gute Kommunikationskultur ist für ein Paar auf Dauer unerlässlich, da man sich – selbst als langjähriger Beziehungsprofi – in einer Partnerschaft nicht blind versteht. Dabei sollten Kommunikationsregeln eingehalten werden, die erlernt und eingeübt werden können. Die Grundhaltung, sich ehrlich zu sagen, was den jeweiligen Partner stört, nicht um den anderen anzuklagen oder zu besiegen, sondern um mit ihm gemeinsam nach einer guten Lösung zu suchen, ist dafür l(i)ebenswichtig.