Der Trauer ihre Zeit geben

Geschrieben von Berthold Glauer-Voß | Veröffentlicht in Schlei.Journal | am

Am liebsten geht es uns ja gut. Trotzdem gibt es in unserem Leben Zeiten, die nichts mit Leichtigkeit und unbegrenzter Freude zu tun haben. Es sind die Zeiten, die mit Abschied und Trauer gefüllt sind. Phasen in unserem Leben, die ausgesprochen wehtun und im wahrsten Sinne des Wortes Schmerzen bereiten. Jeder Mensch trauert anders. Und die Anlässe können nicht unterschiedlicher sein: der Verlust des Arbeitsplatzes, das Kind, das auszieht bis hin zum Partner, der mich verlassen hat oder den ich verlasse. Und nicht zuletzt gibt es die Trauer über Menschen, die für immer von uns gehen durch den Tod.

Trauer als Heilungsprozess

Die Umwelt funktioniert wie gehabt, und auf Trauernde zu treffen, löst nicht selten Unsicherheit aus. Das Thema ist in unserer schnelllebigen Zeit eher unpopulär und schwer. Unsere alltägliche kurze Floskel-Grußfrage „Wie geht es Dir?“ passt nicht so ganz, weil wir nicht einfach zur Tagesordnung übergehen können. Was hilft? Erst mal nichts. Wichtig ist, dass die Phase des Trauerns sein darf, denn es ist eine gesunde Reaktion, ein Heilungsprozess. Trauer also zulassen! Das hilft zwar nicht sofort, aber langfristig doch. Wenn dieser Heilungsprozess nicht zugelassen, wenn er beschleunigt oder gestoppt wird, kann das für die trauernde Person negative Auswirkungen haben: Gefühle werden unterdrückt, im Innern abgekapselt und können – auch zeitlich verzögert – zu körperlichen und seelischen Störungen führen.

Trauer verläuft in vier Phasen

Trauern kann lange dauern und Betroffene brauchen Raum zu trauern. Ein Modell erläutert, dass Trauer in vier Phasen verläuft: Schock, Kontrolle, Rückzug, Neuorganisation. Diese Phasen können von unterschiedlicher Intensität und Zeit sein. Ein Pendeln zwischen den Phasen gehört dazu. Die unmittelbare Reaktion auf starken Verlust ist zumeist ein Schock: Innere Erstarrung, Taubheit, die Tatsache des Verlusts ist noch nicht wirklich im Bewusstsein angekommen. Dann kommt es zur Kontrolle: Funktionieren, Ablenkung, Aktivität, Weiterleben, als sei nichts geschehen. Danach die Rückzugs-Phase: Kontrolle bricht zusammen, Angst, Weinen, Selbstanklagen, Schuldgefühle, Aggression, innere Leere, Hilflosigkeit, heftige körperliche Reaktionen wie Schlafstörungen, Übelkeit. Schließlich die Phase der Neuorganisation: Wenn der Trauernde diese Phasen zulässt und immer wieder durchläuft, verlieren die Gefühle des Schmerzes, der Angst und des Zorns allmählich an Intensität.

Innere Akzeptanz des Verlustes

Echte Anteilnahme und Unterstützung von anderen Menschen können hier viel helfen. Irgendwann in diesem Prozess entwickelt sich dann langsam ein wachsendes inneres Akzeptieren des Verlustes. Das Bewahren und Erhalten der Erinnerungen und aller Bereicherungen, die das Leben des Trauernden durch den Verstorbenen erfahren hat, gehören unbedingt dazu. Denn abgeschlossene und gelungene Trauer bedeutet nicht: vergessen.